Veranstaltung: | Landesmitgliederversammlung 2019.2 |
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Tagesordnungspunkt: | 5. Anträge |
Antragsteller*in: | Jasper Balke (KV Lübeck) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 19.09.2019, 20:33 |
A6: Ehrenamt im BAföG anerkennen
Antragstext
Die GRÜNE JUGEND Schleswig-Holstein fordert, außerordentliches Ehrenamt bei der
Bewilligung von BAföG zu berücksichtigen.
Wird nämlich eine Option geboten, wie z.B. das Verlängern der Regelstudienzeit
bei Nachweis eines zeitaufwändigen Ehrenamts (z.B. Arbeit bei der freiwilligen
Feuerwehr, der Bekleidung eines freiwilligen Amtes mit festen Funktionen (die
nicht etwa während einer Klausurenphase oder schlechten universitären
Rahmenbedingungen ruhen können)) verringert dies nicht nur die Hürde zum
freiwilligen Engagement, sondern fördert sogar die Bereitschaft einer Gruppe,
die eigentlich nicht für bürgerschaftliches Engagement prädestiniert ist.
Diese Menschen müssen so bei der Ausführung des Ehrenamts nicht länger um ihre
Existenzgrundlage fürchten. So wird gesellschaftlicher Zusammenhalt und ein
Wachstum des ehrenamtlichen Sektors gefördert.
Die GRÜNE JUGEND Schleswig-Holstein wirkt deshalb mit den Stimmen aller
Delegierten auf kommenden Landes- und Bundesparteitagen von B´90/Die Grünen
darauf hin, Anträgen zur Berücksichtigung von außerordentlichen Ehrenamt bei der
Bewilligung von BAföG zuzustimmen.
Darüber hinaus erklärt sich die GRÜNE JUGEND Schleswig-Holstein offen gegenüber
einer generellen Reform des BAföGs. Denn dieses fördert aktuell nicht mehr und
nicht weniger als das Bestehen von Scheinen und Klausuren in einem oft nicht
nachvollziehbaren Zeitrahmen. Dass die Menschen während ihrer Ausbildung
allerdings nicht nur um z.B. fünf Jahre Wissen reicher, sondern vielmehr um fünf
Jahre älter und reifer werden sollen, wird im BAföG nicht berücksichtigt. Die
Endgültigkeit und Härte vieler Voraussetzungen zur Bewilligung sind in
Anbetracht der Tatsache, dass es sich bei BAföG-Berechtigten ausschließlich um
Menschen ohne Selbstverschuldung und Einfluss auf ihre Lebensumstände handelt,
ist nicht zu rechtfertigen.
Begründung
Begründung erfolgt auch mündlich.
Bürgerschaftliches Engagement (oder spezifischer: Ehrenamt) ist das freiwillige, meist unentgeltliche und das Gemeinwohl fördernde Engagement von Menschen für gesellschaftliche Belange. Laut BMI engagieren sich derzeit über 30 Millionen Bürgerinnen und Bürger in Deutschland ehrenamtlich und misst der Stärkung und Förderung von bürgerschaftlichem Engagement eine zentrale Bedeutung zu. Die Bundesregierung betrachte Engagementpolitik als eine der Schwerpunktaufgaben der Gesellschaftspolitik und sei daher darauf aus, diese durch geeignete Rahmenbedingungen zu ermöglichen.
Laut Engagementbericht von 2017 des BMFSFJ sei die Förderung der gesellschaftlichen Anerkennungskultur und öffentlichen Wahrnehmung von bürgerschaftlichem Engagement ein Hauptziel der Politik. Mehr als die Aufzählung von unterschiedlichsten Preisen oder Abzeichen für Ehrenamtler*innen oder Initiativen wird als Förderungsmittel allerdings nicht aufgeführt.
Allerdings sollte es viel mehr Mittelpunkt Grüner Politik sein, über die im Engagementbericht angepriesenen „Anerkennung und den Dank“ heraus die tatsächlichen Rahmenbedingungen für Ehrenamtler*innen zu stärken. Und zu dieser Stärkung der tatsächlichen Rahmenbedingungen, die zweifellos zu einer Anerkennung des Ehrenamts zumindest unter Auszubildenen und Studierenden führen würde, gehört die Anerkennung und Rücksichtsnahme von außerordentlichem bürgerschaftlichen Engagement - ehrenamtlicher Arbeit - bei der Bewilligung von BAföG.
Insgesamt engagieren sich 43,6% der in Deutschland lebenden Menschen freiwillig. Dabei fällt auf, dass zwei Gruppen von Menschen mit besonders geringerem Engagement hervorstechen: Menschen mit Migrationshintergrund (bedeutet hier nicht in Deutschland geboren zu sein und keine Deutsche Staatsbürgerschaft zu besitzen) und Menschen mit niedrigem Bildungsabschluss.
Diesen Umstand erklären die Forscher*innen damit, „dass Menschen mit hoher Bildung einen größeren finanziellen Spielraum haben, sich auch ohne Bezahlung zu engagieren.“
Damit ist die Kausalität zwischen finanzieller Situation und Ausmaß des Engagements nachgewiesen. Wer also finanziell keine Probleme hat, engagiert sich tendenziell eher gesellschaftlich als Menschen mit finanziellen Problemen. Natürlich ist darauf hinzuarbeiten, dass berufstätigen Menschen mit finanziellen Problemen langfristig geholfen wird, auch, damit diese dann später eventuell eine ehrenamtliche Tätigkeit ausführen können. Doch die Notwendigkeit der Berücksichtigung von bürgerschaftlichem Engagement im BAföG bezieht sich rein auf Menschen, die sich in Ausbildung oder Studium befinden.
BAföG erhalten aktuell all diejenigen, die einen Antrag stellen und alle Voraussetzungen für eine Förderung erfüllen. In fast allen Fällen spielt das Einkommen der Eltern dabei die zentrale Rolle. Wenn die Eltern finanziell dazu in der Lage sind, ihre Kinder während der Ausbildung ausreichend zu fördern, ist eine Förderung ausgeschlossen. Elternunabhängiges BAföG wird aktuell nur in Ausnahmefällen bewilligt. Daraus ist zu schlussfolgern, dass nicht BAföG berechtigte Menschen - also aus finanziell gut aufgestellten Elternhäusern - aus Bevölkerungsgruppen ohne finanzielle Probleme kommen. Diese befinden sich also schon in der Situation, sich tendenziell eher ehrenamtlich engagieren zu können, als Menschen, die BAföG erhalten. Denn BAföG-Empfänger*innen kommen aus einem Elternhaus, welches nicht dazu in der Lage ist, die Kinder ausreichend während der Ausbildung finanziell zu unterstützen.
Daraus ergibt sich, dass sich BAföG-Empfänger*innen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer Gruppe mit finanziellen Problemen weniger gesellschaftlich engagieren. Dieser Umstand wird durch die harten Kriterien des BAföGs noch verstärkt: Wer z.B. nach vier Semestern Studium nicht alle Scheine erfüllt hat, die von der Regelstudienzeit vorgegeben sind, erhält ab dem fünften Semester kein BAföG mehr. Die finanzielle Existenzgrundlage wird komplett entzogen. Dadurch steigt die Hürde, sich neben dem Studium außer-universitär zu engagieren deutlich an. Eine Gruppe, die also ohnehin schon weniger prädestiniert für die Ausführung von freiwilligem Engagement ist, werden also durch die Sozialhilfe des Staates zusätzlich Steine in den Weg gelegt.
Ein weiterer Grund für eine solche Maßnahme ist u.a. die Tatsache, dass sich ältere Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren, vor allem den Kontakt zu jüngeren Generationen wünschen. Da BAföG-Empfänger*innen größtenteils zur jungen Generation gehören, wird dadurch also auch die Generationenkommunikation gefördert.
Außerdem kann als weiteres Argument angeführt werden, dass ehrenamtlichen Engagement immer auch zur Bildung von Menschen beiträgt, denn laut Engagementbericht des BMFSFJ korrelieren Engagement und Bildung in hohem Maße. Bildung könne dabei sowohl als eine Voraussetzung von freiwilligem Engagement als auch eine mögliche Folge von diesem verstanden werden. Sogar ganz konkrete Vorteile werden in der „freiwilligen Übernahme von Verantwortung“ gesehen: Dazu gehört die Ausbildung von Haltungen, Bereitschaften und Fähigkeiten zur Mitgestaltung und Mitbestimmung in gesellschaftlichem Kontext. Somit würde nicht nur ein reiner Zeitvertreib zum Spaß vom Staat gefördert werden, sondern eben eine weitere Möglichkeit zur Bildung von jungen Menschen.
Quellen:
- Engagement-Bericht von 2017 des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
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